Workshop: (Selbst-)Erzählungen
und Umbruchspuren im Œuvre
von Künstler*innen

Teilnehmer*innen: April Eisman, Melanie Franke, Florian Grotz, Viola Hildebrand-Schat, Angela Lammert, Elske Rosenfeld, Anne Rieck, Luise Thieme

→ Kurzbios

Im Rahmen des vom Schweizerischen Nationalfonds in Bern geförderten Forschungsprojekts Geschichtsbilder in der Gegenwartskunst findet der Workshop (Selbst-)Erzählungen und Umbruchspuren im Œuvre von Künstler*innen der DDR statt:

22. September 2023, 10:00 – 20:00 Uhr

Veranstaltungsort
Wissenschaftsetage im Bildungsforum (Universität Potsdam)
Am Kanal 47
14467 Potsdam

Der Workshop begibt sich auf die Suche nach einem prekären Verhältnis, und zwar demjenigen zwischen künstlerischer Praxis und der Selbsterzählung als einer Gattung erzählerischer Lebensdarstellung.

Die Selbsterzählung wird als soziale Wissensform und als ideengeschichtlich gespeistes kulturelles Muster befragt, das Konzepte von Individualität und Identität in Gestalt diverser Materialien hervorbringt. Bei dem anvisierten Verhältnis von Erzählung und künstlerischer Praxis ist weniger von einem illustrierenden oder vermittelnden Verhältnis auszugehen, als von einem performierenden. Denn sowohl für die Erzählung wie für die künstlerische Praxis ist auch das bedeutsam, was nicht gesagt und nicht gezeigt wird. Gerade die Auslassungen und Hervorhebungen vermögen etwas von der Konfiguration des Selbst zu zeigen; insbesondere dessen Einbettung in die Lebenswelt der DDR. Demnach ist eine Selbsterzählung weder reine Fiktion noch eine getreue Wiedergabe aller Handlungen und Zufälle eines Lebens, sondern vielmehr ein sich stetig erneuerndes Plausibilisieren erzählerischer Zusammenhänge.

Unter selbsterzählerischen Quellen subsumieren sich Tagebucheinträge, Fotografien, Künstler:innenbücher, Notizen, Briefe, Postkarten, Plakate, (literarische) Schriften, Filme und Quellen der Oral History wie etwa Interviews mit Künstler*innen. Selbsterzählungen dieser Art befragt der Workshop mit Blick auf Künstler*innen der DDR und ihrer Werke, indem untersucht wird, wie künstlerische Überzeugungen in Beschreibungen des eigenen Lebens einfließen und umgekehrt autobiografische Erlebnisse in die Kunst: Wo beginnt das Œuvre und wo hört es auf? Wie kann durch die Linse ihrer autobiografischen Zeugnisse das Œuvre von Künstler*innen aus der DDR gesehen und (neu) interpretiert werden? Geben autobiografische Selbstthematisierungen kritischer Lebensereignisse Aufschluss über mehr oder weniger parallele Richtungswechsel im künstlerischen Schaffen?

Seiichi Furuya, Berlin-Ost 1987, Copyright the Artist, Courtesy Galerie Thomas Fischer.

Workshopprogramm
Freitag, 22. September 2023

10:00 – 10:30 Uhr
Ankunft

10:30 – 11:00 Uhr
Begrüßung & Einführung
VON SICH ERZÄHLEN: VORÜBERLEGUNGEN
Melanie Franke (Leitung »Geschichtsbilder in der Gegenwartskunst«)

Künstlerisch-poetologische Ausdrucksformen der Autonomie

11:00 – 11:30 Uhr
ARCHIVE OF GESTURES: KÜNSTLERISCHE FORSCHUNG ZU GESTEN DES POLITISCHEN IN REVOLUTION UND PROTEST AB 1989/90.
Elske Rosenfeld (Berlin/Halle)

11:30 – 11:40 Uhr
Diskussion

11:45 – 12:15 Uhr
AUF DER SUCHE NACH AUTONOMIE. SELBSTREFLEXIONEN UND WERKENTWICKLUNG OSTDEUTSCHER KÜNSTLERINNEN UND KÜNSTLER IM KONTEXT POLITISCHER UMBRÜCHE
Florian Grotz (Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr Hamburg)

12:15 – 12:25 Uhr
Diskussion

12:30 – 14:00 Uhr
Mittagspause

Im (Hand)Spiegel der Geschichte. Der retrospektive Blick auf die (eigene) künstlerische Biografie als Konstruktion

14:00 – 14:30 Uhr
VOM LEBEN GEZEICHNET – ELISABETH VOIGT ALS MUTTER COURAGE
Anne Rieck (Philipps-Universität Marburg)

14:30 – 14:40 Uhr
Diskussion

14:45 – 15:15 Uhr
RADIKALE INTIMITÄT – SELBSTARCHIVIERUNGSPRAKTIKEN IN DEN ARBEITEN VON GABRIELE STÖTZER UND TINA BARA
Luise Thieme (Friedrich-Schiller-Universität Jena)

15:15 – 15:25 Uhr
Diskussion

15:30 – 16:00 Uhr
Pause

Die Visualität der Biografik. (Selbst)reflexive Spurenlese im Archiv

16:00 – 16:30 Uhr
DER SUBTEXT DES OFFENSICHTLICHEN. AUTOBIOGRAFISCHES IN DEN FOTOÜBERMALUNGEN CORNELIA SCHLEIMES
Viola Hildebrand-Schat (Goethe-Universität Frankfurt am Main)

16:30 – 16:40 Uhr
Diskussion

16:45 – 17:15 Uhr
»30 JAHRE EXIL« – DIE DEUTSCHE BIOGRAFIE VON NURIA QUEVEDO
April Eisman (Iowa State University)

17:15 – 17:25 Uhr
Diskussion

17:30 – 17:45 Uhr
Pause

17:45 – 18:45 Uhr
ALTERNATIVE NARRATIVE. SIND DIE SCHWARZEN BILDER EINE ERFINDUNG DES OSTENS?
Angela Lammert (Akademie der Künste, Berlin)

18:45 – 19:00 Uhr
Diskussion

19:00 Uhr
Abschlussdiskussion & Konklusion

Der Workshop ist von Melanie Franke konzipiert und wird gemeinsam mit der kunsthistorischen Forschungsgruppe Geschichtsbilder in der Gegenwartskunst organisiert.

ANMELDUNG
Interessierte melden sich bitte bis zum 20. September 2023 unter der E-Mail-Adresse max.boehner@uni-potsdam.de für die Teilnahme am Workshop an. Die Teilnehmer*innenzahl ist begrenzt.

Kurzbiografien
Prof. Dr. APRIL EISMAN ist Professorin für Kunstgeschichte an der Iowa State University und Mitbegründerin des Transatlantic Institute for the Study of East German Art. Sie studierte Kunstgeschichte am Courtauld Institute of Art London und promovierte an der University of Pittsburgh über »Bernhard Heisig and the Cultural Politics of East German Art«. Seither forscht und publiziert sie insbesondere zur Kunst in der DDR.

Prof. Dr. FLORIAN GROTZ ist Professor für Politikwissenschaft, insbesondere Vergleichende Regierungslehre an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr Hamburg. Zuvor war er an den Universitäten Heidelberg, Berlin (FU), Würzburg und Lüneburg tätig und Gastwissenschaftler an verschiedenen Forschungseinrichtungen im In- und Ausland. Sein wissenschaftliches Interesse gilt der Funktionsweise und Reform demokratischer Institutionen in Deutschland und Europa.

Prof. Dr. VIOLA HILDEBRAND-SCHAT ist Professorin für Kunstgeschichte an der Goethe-Universität in Frankfurt. Ihre Lehr- und Arbeitsschwerpunkte liegen bei der modernen und zeitgenössischen Kunst, ihr besonderes Interesse beim Text-Bild-Verhältnis. Dazu gehört die Bedeutung von Texten für das künstlerische Arbeiten wie auch der Gebrauch des Buches als Medium des Ausdrucks und der Vermittlung. Zu nennen sind hier ihre Publikationen zum Künstlerbuch wie auch zu Sigrid Sigurdssons offenen Archiven und jüngst Der performative Raum. Aktuell forscht sie zu Modellen des Narrativen und ihrer Bedeutung für die zeitgenössische russische Kunst.

Dr. ANGELA LAMMERT ist Privatdozentin am Institut für Kunst- und Bildgeschichte der Humboldt-Universität Berlin und wissenschaftliche Leiterin interdisziplinärer Sonderprojekte der Sektion Bildende Kunst der Akademie der Künste, Berlin. Sie konzeptioniert und organisiert seit vielen Jahren wissenschaftliche Symposien mit renommierten Institutionen im In- und Ausland; darüber hinaus zeichnet sie als Kuratorin zahlreicher Ausstellungen verantwortlich. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Geschichte und Theorie der Fotografie und Skulptur, der Raum- und Notationstheorie sowie der Geschichte und Theorie der Moderne.

ANNE RIECK, M.A., studierte bis 2014 Kunstwissenschaft an der HBK Braunschweig und promoviert derzeit an der Philipps-Universität Marburg über die »Strategien der Selbstinszenierung im Spätwerk Elisabeth Voigts. Neuanfang nach 1945 im Spannungsfeld kulturpolitischer Entwicklungen in der DDR«. Von 2011 bis 2019 war sie Mitarbeiterin im DFG-geförderter Digitalisierungsprojekte zum Zweck des Kulturgutschutzes an der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel und dem Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig.

Dr. ELSKE ROSENFELD forscht als Künstlerin, Autorin und Kulturarbeiterin zur Geschichte der Dissidenz in Osteuropa und zu den Ereignissen von 1989/90. In ihrem aktuellen künstlerischen Forschungsprojekt »A Vocabulary of Revolutionary Gestures« untersucht sie den Körper als Austragungsort und Archiv politischer Ereignisse. Seit 2018 ist sie Mitglied im Kuratorium der Stiftung Haus der Demokratie und Menschenrechte, die sich der Förderung der Ideen der Bürgerbewegungen der DDR widmet. 2019 ko-kuratierte sie das Festival »Palast der Republik« am Haus der Berliner Festspiele.

LUISE THIEME, M.A., studierte bis 2020 Kunstgeschichte an der Universität Leipzig und promoviert derzeit an der Friedrich-Schiller-Universität Jena über »Gegenerzählungen. Künstlerisch-feministische Praxis in der DDR ab 1970«. Von 2018 bis 2020 war sie als Co-Kuratorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Galerie für Zeitgenössische Kunst in Leipzig tätig und war 2022 Lehrbeauftragte an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle.

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