Narrative Konstituierungen in der Kunst seit den 2000er Jahren (drei Case Studies)
Teilnehmer*innen: Max Böhner, Marie Egger, Melanie Franke, Byung-Chul Han, Stephan Hauser, Gabriele Knapstein, Oliver Krätschmer, Matías Martínez, Catherine Nichols, Helene Romakin, Maya Schweizer, Simon Starling
Im Rahmen des vom Schweizerischen Nationalfonds in Bern geförderten Forschungsprojekts Geschichtsbilder in der Gegenwartskunst findet der Workshop Narrative Konstituierungen in der Kunst seit den 2000er Jahren (drei Case Studies) statt:
19. Oktober 2023, 17:00 – 20:00 Uhr
20. Oktober 2023, 11:00 – 18:00 Uhr
Veranstaltungsort
Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart, Berlin
Invalidenstraße 50–51
10557 Berlin
Untersucht werden sollen gegenwärtige Erzählmuster und ihr Einfluss auf die Künste der Gegenwart auch nach dem Ende der „großen Erzählungen“. Sprache ist nicht die einzige Möglichkeit zu erzählen, auch Bilder, Gegenstände, Filme erzählen. Der Philosoph Byung-Chul Han attestiert eine Krise der Narrativität, da sich Erzählungen aus seiner Sicht immer stärker in Konsumformen verwandeln und das Erzählen durch das Kommunizieren auf Social Media Plattformen ersetzt wird. Vor diesem Hintergrund der informationsgesellschaftlichen Verwandlung und dem Aussterben der Narration werden im Rahmen des Workshops diverse künstlerische Erzählformen ins Zentrum gerückt. Ziel des Workshops ist es, die heterogenen Charakteristika des künstlerischen Storytellings herauszuarbeiten: erstens das Erzählen und Erinnern – wie aus fluiden Verbindungen utopische Momente gezeitigt werden (I), zweitens die Absenz von Erzählung als Reaktion auf die Unverfügbarkeit der Welt (II) und drittens aufgelöste Bedeutungszusammenhänge und vibrierende Referenzialität (III). Wie gehen Künstler*innen mit zum Schweigen gebrachten historischen Erzählungen um?
Simon Starling, Black Drop, 2012, 35 mm Film überspielt auf HD mit Ton, 27:24 min., Film Still © Simon Starling.
Workshopprogramm
Donnerstag, 19. Oktober 2023
17:00 – 17:15 Uhr
BEGRÜSSUNG
Dr. Gabriele Knapstein, Stellvertretende Direktorin, Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart
Prof. Dr. Melanie Franke, Leiterin Geschichtsbilder in der Gegenwartskunst
17:15 – 18:15 Uhr
CASE STUDY I – ERZÄHLEN UND ERINNERN – WIE AUS FLUIDEN VERBINDUNGEN UTOPISCHE MOMENTE GEZEITIGT WERDEN
Maya Schweizer im Gespräch mit Prof. Dr. Melanie Franke, Leiterin Geschichtsbilder in der Gegenwartskunst
18:15 – 20:00 Uhr
APERÓ
Freitag, 20. Oktober 2023
11:00 – 11:15 Uhr
ANKUNFT UND GARDEROBE
11:15 – 11:30 Uhr
BEGRÜSSUNG
Prof. Dr. Melanie Franke, Leiterin Geschichtsbilder in der Gegenwartskunst
11:30 – 12:30 Uhr
ZU DEN SPEZIFIKA VON ERZÄHLFORSCHUNG IN DEN KÜNSTEN DER NULLER JAHRE
Prof. Dr. Matías Martínez, Erzählforscher, Zentrum für Erzählforschung, Bergische Universität Wuppertal
12:30 – 14:00 Uhr
MITTAGSPAUSE IM RESTAURANT DES HAMBURGER BAHNHOFS
14:00 – 15:00 Uhr
CASE STUDY II – ABSENZ VON ERZÄHLUNG ALS REAKTION AUF DIE UNVERFÜGBARKEIT DER WELT
Präsentation und Respondenz von Dr. Stephan Hauser, Schaulager Basel
15:00 – 16:00 Uhr
CASE STUDY III – VIBRIERENDE REFERENZIALITÄT
Simon Starling im Gespräch mit Dr. Catherine Nichols, Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart
16:00 – 16:30 Uhr
PAUSE
16:30 – 17:30 Uhr
KRISE DER NARRATION IN DEN KÜNSTEN?
Prof. Dr. Byung-Chul Han, Universität der Künste, Berlin
17:30 – 18:00 Uhr
AUSKLANG UND ENDE DER VERANSTALTUNG
Der Workshop ist von Melanie Franke konzipiert und wird gemeinsam mit der kunsthistorischen Forschungsgruppe Geschichtsbilder in der Gegenwartskunst organisiert.
ANMELDUNG
Interessierte melden sich bitte bis zum 17. Oktober 2023 unter der E-Mail-Adresse max.boehner@uni-potsdam.de für die Teilnahme am Workshop an. Die Teilnehmer*innenzahl ist begrenzt.
BYUNG-CHUL HAN studierte zunächst in Korea Metallurgie, dann Philosophie, Germanistik und Theologie in Freiburg in Breisgau und München. Nach seiner Habitation lehrte er Philosophie, Medientheorie und Kulturwissenschaft an der Universität in Basel, HFG Karlsruhe und der Universität der Künste Berlin. Seine Bücher wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt.
Dr. STEPHAN E. HAUSER (*1963). Studium der Kunstgeschichte, Klassischen Archäologie und der Neueren Allgemeinen Geschichte in Basel. Promotion zum Bildbegriff im Surrealismus. 1990-1993 in New York, NY (Mitarbeit am Lyonel Feiniger Project) und New Haven, CT (Nachlass Kurt Seligmann). 1997/98 ein Jahr am CNRS in Paris («Le Surréalisme au carefour des modernités»). Autor der Monografie „Kurt Seligmann (1900-1962). Leben und Werk“, Basel: Schwabe, 1997. Seit 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Schaulager, Münchenstein/Basel. Zugleich regelmäßige Lehraufträge mit Fokus auf Künstler*innen-Nachlässen am Kunsthistorischen Seminar der Universität Basel. Seit 2023 Präsident des Trägervereins ARK Archiv regionaler Künstler*innen-Nachlässe Basel. Zahlreiche Aufsätze und Artikel (z.B. zu Feininger, Duchamp, und zur Schweizer Kunst der Moderne und der Gegenwart).
GABRIELE KNAPSTEIN ist stellvertretende Direktorin und Sammlungsleiterin des Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie für die Gegenwart. Seit 2003 war sie an diesem Haus Wissenschaftliche Mitarbeiterin und seit 2012 Ausstellungsleiterin. Zuvor arbeitete sie als freiberufliche Kuratorin für das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) und für die Galerie Neue Meister in Dresden. Nachdem sie 1999 mit der ersten wissenschaftlichen Studie über die Event Scores des Fluxus-Künstlers George Brecht promovierte, wurde sie wissenschaftliche Museumsassistentin in Fortbildung am Hamburger Bahnhof und in der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin. Sie kuratierte Ausstellungen wie Black Mountain. Ein interdisziplinäres Experiment 1933 – 1957, Wall Works, Architektonika und Jenseits des Kinos. Die Kunst der Projektion.
MATÍAS MARTÍNEZ ist Professor für Neuere deutsche Literaturgeschichte an der Bergischen Universität Wuppertal und Gründungsdirektor des Wuppertaler Zentrums für Erzählforschung (ZEF). Zu seinen Forschungsgebieten gehören Narratologie, Romantik und moderne Lyrik. Einige Buchpublikationen: Wirklichkeitserzählungen. Felder, Formen und Funktionen nichtliterarischen Erzählens (Mithg., 2010), Klassiker der modernen Literaturtheorie (Mithg., 2010), Handbuch Erzählliteratur (Hg., 2011), Fiktionalität und Non-Fiktionalität (Hg., 2016), Handbuch Erzählen (Hg., 2017), Einführung in die Erzähltheorie (Koautor, 11. Aufl. 2019), Postfaktisches Erzählen? Post-Truth – Fake News – Narration (Mithg., 2021).
CATHERINE NICHOLS ist Kunst- und Literaturwissenschaftlerin, Kuratorin und Autorin. Derzeit arbeitet sie als Kuratorin im Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart in Berlin und hat kürzlich die Manifesta 14 Prishtina: it matters what worlds world worlds: how to tell stories otherwise kuratiert. 2021 war sie künstlerische Leiterin des Jubiläumsprogramms „beuys 2021. 100 jahre joseph beuys“. Neben zahlreichen kulturhistorischen Ausstellungen in ganz Deutschland zu Themen von der Reformation bis zu den Leidenschaften, von der Sonne bis zur Sexualität, hat sie zahlreiche monografische und thematische Kunstausstellungen realisiert, darunter „Beuys. Die Revolution sind wir“ (2008), „Das Ende des 20. Jahrhunderts. The Best is Yet to Come“ (2013) und „Das Kapital. Schuld – Territorium – Utopie“ (2016) und „Jeder Mensch ist ein Künstler. Kosmopolitische Übungen mit Joseph Beuys“ (2021). Sie veröffentlicht regelmäßig über zeitgenössische Kunst und hat mehrere Bücher und Kataloge mitherausgegeben, darunter „The New Designer—Design as a profession“ (2023), „Shine on Me: Wir und die Sonne“ (2018) und „Black Mountain. Ein interdisziplinäres Experiment 1933–1957“ (2015).
MAYA SCHWEIZER (*1976 in Paris) studierte Kunst und Kunstgeschichte in Aix-en-Provence, an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig und an der Universität der Künste Berlin, wo sie 2007 ihren Abschluss als Meisterschülerin bei Lothar Baumgarten machte. Ihre filmischen Arbeiten kreisen um Fragen der Geschichte, Identität und Erinnerung. Städtische Räume als Schnittstellen individueller und kollektiver Handlungsweisen sind oft Ausgangspunkt ihrer Beobachtung. In ihrer Wahrnehmung dieser Orte und Räume deckt sie soziale Realitäten, eingeschriebene Erzählungen und sich überschneidende Geschichten auf. Ihre Werke wurden in zahlreichen internationalen Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt. 2023 erhielt sie den Dagesh-Kunstpreis im Jüdischen Museum Berlin und wurde dort mit einer Einzelausstellung geehrt.
SIMON STARLING (*1967 in Epsom, UK) lebt und arbeitet in Kopenhagen. Er studierte am Maidstone College of Art (1986–7) und am Trent Polytechnic, Nottingham (1987–90), bevor er 1992 einen MFA an der Glasgow School of Art abschloss. Mit Interesse an den Reisen von Menschen und Objekten, an den Ursprüngen des Verlangens und der Wert von Materialien haben einige von Starlings bemerkenswertesten Werken ein Objekt in ein anderes verwandelt. So verwendete Starling 1996 das Metall eines antiken Silberlöffels, um Kopien eines gefälschten Zwanzig-Pence-Stücks anzufertigen, das er gefunden hatte. Seine Arbeiten wurden weltweit gezeigt, unter anderem auf der Biennale von Venedig 2003 und 2009. 2005 wurde er mit dem Turner-Preis ausgezeichnet. Zu seinen jüngsten Ausstellungen gehören „Two Birds, No Birds“ bei Casey Kaplan in New York (2023) und „The Pencil of Menzel & The Path on the Wolf“ bei neugerriemschneider in Berlin (2021).
Mit freundlicher Unterstützung des Hamburger Bahnhofs – Nationalgalerie der Gegenwart, Berlin.